Das Thema der Lohndifferenz ist in aller Munde. Ob Lohngleichheit oder Lohngerechtigkeit; aktuell wird der Gender Gap heiss diskutiert. Und das zu Recht; obwohl der Grundsatz der Gleichstellung von Frauen und Männern seit über 30 Jahren in der Schweizerischen Bundesverfassung verankert ist, bestehen heute immer noch ungerechtfertigte Lohndifferenzen zwischen den Geschlechtern. Lange Zeit hat sich der Gesetzgeber mit Massnahmen zur Erreichung der Lohngleichheit zurückgehalten, es wurde auf Freiwilligkeit und unternehmerische Initiative gesetzt. Dies ändert sich bald. Dieser Artikel erläutert, weshalb und wie sich Unternehmen darauf vorbereiten können.

Die Freiwilligkeit, die nicht funktionierte

Die bisherigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und freiwilligen Massnahmen des Bundes in der Chronologie:

  • Der Grundsatz der Gleichstellung von Frauen und Männern ist seit 1981 in der Bundesverfassung verankert und schreibt gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit vor (1). Sowohl die Verfassung als auch das 1996 in Kraft tretende Gleichstellungsgesetz (2) verbieten insbesondere die Diskriminierung bei der Entlöhnung.
  • 2001 wurde gesetzlich präzisiert, dass der Grundsatz der Gleichstellung auch bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen zu befolgen ist (3). Seit 2006 führt das Eidgenössische Büro für Gleichstellung (EBG) diesbezüglich Stichkontrollen im öffentlichen Beschaffungswesen durch und überprüft ca. 30 Unternehmen pro Jahr auf Einhaltung der Lohngleichheitsvorgaben.
  • Daneben wurde 2009 der Lohngleichheitsdialog initiiert. Private und öffentliche Unternehmen sollten sich freiwillig einer Lohnanalyse unterziehen. Trotz Subventionen wurde der Dialog Ende 2013 aufgrund einer zu kleinen Teilnehmerzahl als gescheitert bezeichnet und beendet.
  • Eine neue freiwillige Initiative des Bundes hatte bisher ebenfalls nur wenig Erfolg; Bundesrat Alain Berset lancierte die «Charta der Lohngleichheit im öffentlichen Sektor», um den Vorbildcharakter der öffentlichen Hand zu fördern. Aktuell haben lediglich 50 Gemeinden, 14 Kantone sowie der Bund die Charta unterzeichnet. (4)

Die Zahlen zeigen, dass trotz dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen nach wie vor eine ungerechtfertigte Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern besteht – in der öffentlichen Hand etwas weniger stark ausgeprägt als in der Privatwirtschaft. In der Schweiz erhalten Frauen im Median derzeit 12% weniger Lohn als Männer. Analysen des Bundes zeigen, dass 61% der Differenz mit objektiven Faktoren wie berufliche Stellung, Dienstjahre oder Ausbildungsniveau erklärt werden können. Die restlichen 39% der Lohndifferenz zuungunsten der Frauen verbleiben unerklärt und enthalten eine potenzielle Lohndiskriminierung. (5)

Die bisherigen, gesetzlichen Bestimmungen scheinen somit zu wenig griffig zu sein. Dieser Meinung sind nun zumindest der Bundesrat sowie der Stände- und Nationalrat. Ende September 2018 wurde ein Gesetzesentwurf von beiden Räten angenommen, welcher mittlere und grössere Unternehmen zu einer regelmässigen internen Lohnanalyse zwingt.

Pflicht zur Lohnanalyse für Unternehmen

Gemäss dem aktuellen Entwurf soll das Gleichstellungsgesetzt angepasst werden, sodass Unternehmen mit mehr als 100 Vollzeitangestellten periodisch (alle vier Jahre) Lohnanalysen durchführen und das Resultat den Arbeitnehmenden kommunizieren müssen. Die Massnahme wird voraussichtlich mit einer Übergangsfrist eingeführt und ist auf 12 Jahre beschränkt. Ein Instrument für die Lohnanalyse wird seit 2006 durch das EBG zur Verfügung gestellt: Logib. Trotz Kritikpunkten wurde in einer wissenschaftlichen, fundierten Untersuchung festgestellt, dass Logib – und die darin angewandte statistische Methode – das geeignete Mittel zur Lohnanalyse sei. Dies vor allem auch unter der Berücksichtigung von Aufwand und Ertrag für die Erhebung und Durchführung der Analyse für Unternehmen. (6)

80% der Unternehmen sind sich sicher; sie halten die Lohngleichheit absolut ein. Aber nur ein Drittel davon hat dies bisher effektiv überprüft.

Selbstverständlich lässt sich an dieser Stelle einwenden, dass die statistisch nachgewiesenen «unerklärlichen» Lohndifferenzen nicht zwangsläufig auf systematische Diskriminierungspraktiken zurückzuführen sind. Interessanterweise sind sich nämlich gemäss einer Schweizer Studie fast 80% der teilnehmenden Unternehmen sicher, dass sie die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern absolut einhalten. Gleichzeitig haben jedoch nur knapp ein Drittel der Unternehmen – praktisch unabhängig von der Firmengrösse – bisher effektiv untersucht, ob eine Lohndifferenz im eigenen Unternehmen besteht. (7,8)

Das Vertrauen auf das eigene Lohnsystem mag durchaus begründet sein. Mit der Gesetzesänderung werden sich jedoch zumindest mittlere und grössere Unternehmen zwingend dem Reality-Check stellen müssen.

To dos für Unternehmen

In Anbetracht der geplanten Gesetzesänderungen können für Unternehmen folgende Empfehlungen zur Lohnanalyse ausgesprochen werden:

1. Implementierung von Kontrollmechanismen

Stellen Sie sicher, dass Ihr Unternehmen eine klare Gehaltsstruktur hat. Optimalerweise bestehen nicht nur wenige, grosse Broadbands sondern funktionsorientierte Bänder. Schaffen Sie objektive Rekrutierungs-, Leistungs- und Beförderungsprozesse mit klaren und einheitlichen Begriffsdefinitionen und implementieren Sie daneben interne Berichte für regelmässige Kontrollen (z.B. im Rahmen der Personalbeschaffung oder zur strukturellen Verteilung der Geschlechter auf die Rollen).

2. Selbsteinschätzung mit Logib

Führen Sie eine interne Lohnanalyse durch, bevor diese zwingend wird und nutzen Sie die Zeit, gegebenenfalls Anpassungen in den Löhnen zu tätigen. Machen Sie Ihre eigene Erfahrung mit Logib. Das Instrument ist kostenlos und es besteht eine Schritt-für-Schritt-Anleitung (9).

Hierfür benötigen Sie insbesondere die Informationen über die höchste, abgeschlossene Ausbildung aller Ihrer Mitarbeitenden. In der Praxis stellt sich diese Tatsache immer wieder als Stolperstein heraus. Beginnen Sie daher frühzeitig mit deren Erfassung. Daneben benötigen Sie eine systematische Funktionsstruktur, um die Mitarbeitenden zu allgemeinen Anforderungsniveaus zuzuordnen sowie eine einheitliche Kompetenz- und Hierarchiestruktur, um die berufliche Stellung der Funktionen respektive Mitarbeitenden definieren zu können.

3. Entwicklung eigener Analysen (eher für Grossfirmen)

Die Praxis zeigt, dass das Resultat von Logib eine Aussage zur Lohndifferenz auf Ebene des Unternehmens macht. Es zeigt sich zudem, dass je nach Komplexität und Vielschichtigkeit eines unternehmerischen Vergütungssystems die Logib-Analyse nicht alle Aspekte differenziert wiedergeben kann. Der konkrete, unternehmensspezifische Handlungsbedarf ist damit oft nicht ersichtlich. Entwickeln Sie daher Ihre eigene, vertiefende Analyse und stellen Sie sicher, dass alle sich der Bedeutung einer gerechten Entlohnung bewusst – und auch vor allem der fairen Behandlung und der Chancengleichheit – und entsprechend sensibilisiert sind.

4. Zertifizierung von Lohngerechtigkeit

Lassen Sie sich zertifizieren und stärken Sie Ihr Employer Branding und zeigen Sie damit, dass Sie ein moderner Arbeitgeber sind, der sich um Fairness kümmert! Sie sollten jedoch beachten, dass Sie keine der aktuell verfügbaren Zertifizierungen auf dem Schweizer Markt vor einer Stichkontrolle des EBG oder vor rechtlichen Schritten einzelner Mitarbeitenden bei vermuteter Lohndiskriminierung schützt.

Quellenangaben:

  1. BV Art. 8, Abs. 3 – SR 101
  2. GlG – SR 151.1
  3. IVöB Art. 11 f – SR 172.056.5
  4. https://www.ebg.admin.ch/ebg/de/home/themen/arbeit/lohngleichheit/engagement-des-oeffentlichen-sektors/charta-der-lohngleichheit-im-oeffentlichen-sektor.html
  5. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/loehne-erwerbseinkommen-arbeitskosten/lohnniveau-schweiz/lohnunterschied.html
  6. Schweizerische Eidgenossenschaft (2015): Überprüfung der statistischen Methoden des Bundes betreffend die Lohngleichheit von Frau und Mann. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 14.3388 Noser vom 2. Juni 2014
  7. Felfe, Christina, Trageser, Judith, & Iten, Rolf (2015): Studie zu den statistischen Analysen der Eidgenossenschaft betreffend die Lohngleichheit von Frau und Mann. Schlussbericht. St.Gallen / Zürich: Schweizer Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Zürich / INFRAS
  8. M. I. S. Trend (2015). Enquête auprès des entreprises romandes concernant l’égalité salariale entre hommes et femmes. Enquête réalisée pour le Centre Patronal.
  9. https://www.ebg.admin.ch/ebg/de/home/dienstleistungen/selbsttest-tool–logib/download-logib.html